Es wird Frühling in der Radeland Siedlung

Mit Brennholz unterm Bett und der Kettensäge im Küchenschrank

Der Frühling naht, die Tage werden länger und die Inzidenzen sinken – so auch in der Radeland Siedlung. Kinder bauen Nester aus Moos und blicken freudig dem Besuch des Osterhasen entgegen, die sogenannten Siedler ziehen Tomaten-Pflänzchen für den Sommer an und Vogelgezwitscher dringt durch den Wald. Welch eine Idylle!

Vielleicht zieht es neben den Einheimischen gerade deswegen so viele Städter aus Metropolen wie Berlin, Leipzig und sogar Bitterfeld-Wolfen in dieses entlegene Fleckchen zwischen der Autobahn A13 und der B96. Sie biegen von der dröhnenden Kreisstraße in die zunächst unscheinbaren Waldwege und tauchen in eine andere, eine ganz ruhige, Welt ein. Neben den Besitzern und Pächtern der Siedler-Grundstücke, trifft man hier auch Radeländer mit Kind und Kegel, sowie Tagesausflügler aus den umliegenden Orten. Kommen Sie doch mal vorbei und schauen Sie sich um – wir beißen nicht.

Bei einem Besuch werden Sie jedoch unbestreitbar auch jene Häuser älteren Datums bemerken, die zunehmend verfallen und nunmehr als Sondermüll im Wald stehen. Deren Besitzer haben angesichts widriger baurechtlicher Umstände resigniert und ihre geliebten Grundstücke aufgegeben. Zwar besitzen sämtliche Gebäude den sogenannten Bestandsschutz, aber Maßnahmen, die über die reine Instandhaltung hinausgehen, wie das Eindecken des Daches mit Ziegeln oder das Entfernen von asbesthaltigem Baumaterial, dafür ist es sehr schwer eine Genehmigung zu erwirken. Diese Situation ist den zahlreichen Änderungen seit der Siedlungsgründung im Jahr 1928 geschuldet, in denen Krieg herrschte, die DDR gegründet und die Bundesrepublik wieder vereint wurde. 1997 wurde Radeland dann auch noch eingemeindet und gehört seitdem zur Stadt Baruth/Mark. Bewegende Zeiten – nicht nur für Radeland.

Ihre Anfänge fand die Radeland Siedlung im Jahr 1928, als sie als Erholungsgebiet für die Berliner Metropolregion gegründet wurde. Vier Waldwege wurden angelegt und ziehen sich knapp fünf Kilometer weit Richtung Teupitz durch den Kiefernwald. Einige Grundstücke wurden mit massiven Wohnhäusern bebaut, andere als Gärten genutzt oder mit kleineren Wochenend-Häusern versehen. Heutzutage ist schätzungsweise die Hälfte der Grundstücke in der Radeland Siedlung bebaut, sowohl südlich als auch nördlich der Lichtleitung. 43 Menschen sind mit Hauptwohnsitz gemeldet und gut 200 weitere Personen halten sich hier regelmäßig an den Wochenenden auf. Einige Familien sind bereits in der vierten Generation in Radeland ansässig, haben Zeit und Geld investiert, um ihren Kindern etwas Auslauf und sich selbst etwas Ruhe zu gönnen.

Soweit so idyllisch – und warum nun die Kettensäge im Küchenschrank?
Im Laufe der Zeit scheinen Behörden wie auch Siedler den Überblick darüber verloren zu haben, was in der Siedlung gebaut werden darf und was nicht. Laut der Unteren Bauaufsicht in Luckenwalde befindet sich die Siedlung im Außenbereich und ist damit grundsätzlich von Bebauung freizuhalten. Die Stadt Baruth / Mark weist die Siedlung im Flächennutzungsplan seit 2001 offiziell jedoch als „Sonderbaufläche Wochenendhausgebiet“ aus. Außerdem wird die Fläche teilweise als „Wald“ und „Freizeit- und Erholungsfläche“ deklariert. Wer kann da noch folgen?

Ein Erfahrungsbericht:
2018 stellt eine junge Familie aus Berlin einen Bauantrag für ein 60 qm großes Wochenendhaus, das auf ihrem Grundstück in der Akazienallee errichtet werden soll. Dem Antrag wurde stattgegeben und im Folgejahr wird das Holzhaus errichtet. Wenige Monate später erreicht die Bauherren ein Schreiben aus Luckenwalde. Ja das mit dem Haus, das sei so alles in Ordnung. Aber der Schuppen, der sich seit vielen Jahren auf dem Grundstück befindet, der müsse umgehend abgerissen werden. Auch dem Bau eines neuen Schuppens (unabhängig von Größe, Form und Position auf dem Grundstück) könne nicht zugestimmt werden. Ein solches Bauwerk „verfestige die Splittersiedlung“ und beeinträchtige die „natürliche Eigenart der Landschaft“. Also: Haus okay, Schuppen adé!

Aus einem 60 qm großem Wochenendhaus bekommt man durch die Wandstärke übrigens um die 52 qm Wohnfläche. Für eine kleine Familie am Wochenende absolut ausreichend. Das im Schuppen gelagerte Brennholz und Werkzeuge wie Kettensäge und Rasenmäher, die könne man bei einem so großen Haus doch wohl unterbringen – so die Aussage der Unteren Bauaufsicht. Weitere praxisnahe Vorschläge: Der Platz unter dem Bett oder der Küchenschrank. Na da fühlt man sich ja richtig ernst genommen. Die Familie widerspricht der sogenannten Rückbauverfügung und erhält umgehend die Rechnung für eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 800 Euro.

Bei der aktuellen Rechtslage der Siedlung kann selbst das Aufstellen eines Hochbeetes oder der Bau einer Buddelkiste problematisch sein. Dies wird nämlich als „illegales Abstellen von Gegenständen im Wald“ bezeichnet.

Zumindest lässt sich am Horizont ein Lichtblick erkennen, ein Lösungsansatz, der endlich für baurechtliche Sicherheit sorgen würde. Die Stadt Baruth / Mark überarbeitet aktuell ihren Flächennutzungsplan und könnte in diesem Zusammenhang einen Bebauungsplan oder eine Gestaltungssatzung für die Siedlung erlassen. Damit wäre, so die Hoffnung der Siedler-Gemeinschaft, eine adäquate Nutzung der Grundstücke endlich wieder möglich. Die Kinder bekämen ihre Buddelkästen und wir hätten keine Kettensäge mehr im Küchenschrank.

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Veröffentlicht im Baruther Stadtblatt im März 2022.

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